Gastronomielegende Klaus Wagner (Landhaus Bacher) – verstorben
Hägar hat aufgehört zu brummen
03.03.2025
Als in Österreich die Krusten der feisten Wirtschaftswunderküche (Motto: Egal was, Hauptsache viel) langsam aufbrachen und zarte Pflanzen der Qualität und Neuerung dem Sonnenlicht zustrebten, in Form von Köchinnen und Köchen, von Restaurants, die sich Internationalität und Kreativität auf die Fahne schrieben, da war ein Ehepaar aus der Wachau an allervorderster Stelle, Lisl und Klaus Wagner Bacher.
Lisl Wagner Bacher wurde schnell als Koch des Jahres und, wie man sie nannte, als „Grand Dame“ der österreichischen Küche berühmt. Hinter der starken Frau stand ein ebenso starker Mann – Klaus. Klaus hatte das Ingenieurswesen studiert, doch seine Talente kamen beruflich nie zum Einsatz. Denn mit der Ehe zu seiner Lisl, wie er sie immer genannt hat, wechselte er ins Fach der Gastronomie. Klaus übernahm mit jungen Jahren die Rolle des Patrons, Gastgebers, Servicechefs und Chefsommeliers im Restaurant Bacher, damals noch ohne Landhaus.
Seine Nähe zu den damals tonangebenden Spitzenwinzern der Wachau spiegelte sich in seiner Weinkarte wider, außerdem die erwachende Liebe zu den großen Weinen aus dieser Region. Nur in wenigen Häusern Österreichs konnte man bereits in den 1980er Jahren so exzellent und kultiviert trinken wie bei Lisl und Klaus Wagner Bacher. Klaus herrschte mit Disziplin über die finanzielle Gebarung des Restaurants. Ein paar Zimmer zum Übernachten entstanden. Es waren nicht viele, aber die begehrtesten der Region.
Klaus berief die Weinfreunde des Landes immer wieder zu den Weindinners zum Thema Wachau und Bordeaux ein. Viele machten damals zum ersten Mal Bekanntschaft mit den großen Gewächsen, die bis Mitte der neunziger Jahre auch bezahlbar waren, bevor der Hype losbrach. Klaus war ein kluger Weinsammler, er kaufte nie die ersten Gewächse, sondern, wie er betonte, die zweiten oder dritten, die oft von gleicher Qualität waren wie die ersten. Einer seiner Favoriten: Chateau Pichon Longueville Comtesse de Lalande. Was für ein klangvoller, vielverheißender Name, der so viel über die über Jahrhunderte gepflogene Weinkultur im Bordelais erzählt. Moden beim Wein interessierten Klaus Wagner genau null. Er konnte es sich leisten, seinem eigenen Geschmack zu folgen. Eine Freude an höheren Alkoholgraden konnte man ihm nie absprechen. Was nicht 13% Volumenprozente und mehr hatte, bezeichnete er salopp als „Lausbubenweine“.
Nicht nur Weine und Weintrinker mussten vor Klaus Expertise bestehen, sondern auch seine Lisl selbst. Klaus erwies sich über die Jahrzehnte als Ezzesgeber und Kritiker der Küche seiner Frau. Wenn Thomas Dorfer die sehr persönliche Küchenlinie seiner Schwiegermutter sanft ins 21. Jahrhundert überführte, mit ganz kleinen Ergänzungen und einer ungemeinen Präzision, freute sich Klaus Wagner immer noch über die Klassiker: Kalbskotelett mit Nudeln mit weißen Trüffel, Rebhuhn im Herbst, Kaviar oder eine im Ganzen zubereitete Languste. Wie erwähnt: Moden und Trends interessierten ihn kaum. Ein Blatt vor den Mund genommen hat Klaus sich nie. Der Fan des Landhauses Bacher, der Autor und Essayist Helmut Gansterer, hatte den bisweilen brummig auftretenden Patron einmal als Wachauer Version von Hägar dem Schrecklichen bezeichnet. Aber wer Klaus kannte, wusste, dass in der rauen Schale in liebevoller Ehemann, Gastgeber und Großvater steckte, der stets für die Kinder seiner Töchter Susanne und Christina da war.
Der immer im eleganten anzutreffende Patron blieb auch der „Chef“, als seine Tochter Susanne gemeinsam mit Thomas Dorfer die Leitung des Restaurants übernommen hatte. Man traf ihn oft am so genannten Haustisch, wo er Neuigkeiten studierte, im Parkers Bordeauxführer blätterte, oder mit Gästen speiste, die zu Freunden des Hauses geworden waren. Klaus durfte man zu Recht als Ikone unter den österreichischen Gastgebern bezeichnen. Nur nach einigen Unfällen, die ihm einen Teil seiner Mobilität beraubten, wurde es um Klaus Wagner immer länger still. Die letzten Wochen verbrachte er, liebevoll umsorgt von seiner Lisl und den beiden Töchtern in seinem Haus, nur ein paar Schritte vom Restaurant entfernt. Vergangenen Samstag ist Klaus in Anwesenheit seiner Familie sanft und ruhig eingeschlafen.